Licht in der Architektur · keine Architektur ohne Licht

Neue Nationalgalerie Berlin, beleuchtet

Architektur und Licht, das sind zwei Seiten derselben Medaille. Ohne Licht gibt es keine Architektur! Grund genug, einmal etwas in das Thema einzusteigen und vor allem: Sich inspirierende architektonische Beispiele anzusehen!

Architektur ist das kunstvolle, korrekte und großartige Spiel der unter dem Licht versammelten Baukörper.

Le Corbusier

Von den Anfängen bis heute spielt die Beleuchtung im Hausbau naturgemäß eine zentrale Rolle. Dabei unterlag der Umgang mit dem natürlichen Licht einem kontinuierlichen Wandel. Wo es klimatisch möglich war, entwickelte sich die Architektur schon früh dahingehend, möglichst viel Sonnenlicht in die Gebäude zu bringen und darrin zielorientiert zu verteilen.

Beeindruckende Beispiele für bereits frühe ausgefeilte Lichtlenkung sind griechische und römische Sakralbauten, beispielsweise das Pantheon, aber auch Wohnhäuser mit lichtdurchfluteten Patios aus dieser Zeit.

Parallel zur Nutzung des natürlichen Lichts entwickelte sich auch die Verwendung von künstlicher Beleuchtung: Standen für die Menschheit am Anfang ohne Sonnenlicht nur der Schein aus Feuerstellen und rohen Fackeln zur Verfügung, so erfolgte bald die Kultivierung des Feuers als „gezieltes Leuchtmittel“– beispielsweise in vielfach ausgefeilt konstruierten Öllampen.

Innenansicht der Kuppel des Pantheons in Rom
Innenansicht der Kuppel des Pantheons in Rom. Bild: Alvesgaspar via Wikimedia, Lizenz CC BY-SA 4.0

Zahllose Funde belegen die Nutzung von Öllampen in vielen frühen Kulturen. Dabei fanden solche Lampen nicht nur Verwendung als tragbare Beleuchtung. Vielmehr besetzten Lampen früh auch bereits feste Plätze in Wohnbehausungen oder Tempeln und stellten damit bereits architektonische Einrichtungen dar. Denn um die Lampen aufzunehmen, wurden spezielle, fest installierte Halterungen in den Gebäuden angebracht. Im alten Rom waren Öllampen schon fast „industriell hergestellte“ Massenware und im antiken Antiochia soll es 378 n. Chr. bereits eine echte Straßenbeleuchtung auf der Basis von Öllampen gegeben haben.

Ganz neue Möglichkeiten, natürliches Licht in Räume zu holen, ohne die Bauten gleichzeitig Wind und Wetter gegenüber öffnen zu müssen, ergaben sich schließlich mit der Erfindung der Fensterverglasung. Spätestens jetzt konnten Architekten weitgehend frei mit dem Lichteinfall spielen, wie nicht zuletzt viele Kirchenbauten zeigen. Generell stellen besonders Sakralbauten aus allen Zeiten und Regionen besonders gute Beispiele für die Einbeziehung von Licht in die jeweilige architektonische Entwicklung dar, was daran liegt, dass in fast allen Religionen Licht immer auch mit Göttlichkeit in Verbindung gebracht wurde.

Spätestens mit der Erfindung von künstlichem Licht, begonnen mit Gaslampen bis hin zu elektrischer Beleuchtung verknüpften sich für die Architektur die Themen Licht und Gestaltung dann unlösbar miteinander. Schließlich musste die notwendige Infrastruktur wie Gas- und Stromleitungen nun von Anfang an mitgeplant werden.

Heute ist Lichtführung das zentrale Themen in der Architektur.

Licht schafft Atmosphäre und das Gefühl des Raums sowie den Ausdruck einer Struktur.

Le Corbusier

Die Sonne wusste nicht, wie großartig sie war, bis sie auf die Seite eines Gebäudes traf.

Louis I. Kahn

Denn in der Lichtplanung vereinen sich alle wichtigen Aspekte eines Gebäudes:

  • Nutzung und Alltagstauglichkeit
  • Nachhaltigkeit & Flächenverbrauch
  • Konturierung, Charakter und Einzigartigkeit des Gebäudes

Entsprechend finden Architektinnen und Architekten rund um die Welt immer mehr interessante Lösungen rund um die Lichtführung in ihren Gebäuden. Zum Tag der Architektur haben wir einige Beispiele für innovative Architektur zum Thema Licht zusammengestellt:

Beispiele interessanter architektonischer Lösungen

Nutzung und Alltagstauglichkeit

Je nach gewünschter Nutzung und Standort eines Gebäudes ergeben sich dezidierte Anforderungen an die Lichtführung. Grundsätzlich ist ein hoher Anteil natürlichen Lichts im Beleuchtungskonzept erstrebenswert – insbesondere auch, weil natürliches Licht für die psychische Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Menschen extrem wichtig ist. Zu stark oder falsch einstrahlendes Sonnenlicht kann jedoch auch hinderlich oder gar gesundheitsschädlich sein, weswegen sich Vorgaben dazu auch in Arbeitsplatz- und Bauvorschriften finden.

Bibliothek Tromsø

Der Norden Norwegens hat im Sommer Sonnenlicht im Überfluss, im langen Winter hingegen steigt die Sonne nicht über den Horizont und es gibt es nur stundenweise ein diffuses Tageslicht. Das Bibliotheksgebäude der Universitätsstadt Tromsø öffnet sich in alle Himmelsrichtungen – eine Einladung an das Licht, aber auch an die Menschen:

Paul Löbe-Haus

Das Paul-Löbe-Haus in Berlin ist der Sitz der Bundestags-Ausschüsse, der Öffentlichkeitsarbeit und der Besucherbetreuung. Das „aufgebrochene“ Layout in fünf einzelne Riegel mit dazwischen liegenden begrünten Lichthöfen gibt es viel Tageslicht für die Räume in allen Gebäudeteilen. Die Fassade ist zudem komplett verglast. Neben der maximierten Lichtausbeute dient die Architektur auch dafür, dem Gebäude trotz der riesigen Größe eine Anmutung von Transparenz und Leichtigkeit zu geben:

Neue Nationalgalerie

Die bereits 1968 eröffnete Berliner „Neue Nationalgalerie“ ist ein lichtdurchfluteter, komplett „kernloser“ Bau. Damit wollte Stararchitekt Mies van der Rohe sicherstellen, dass bei der Nutzung völlige Freiheit herrscht, was das Stellen von (Kunst-)Objekten, Wänden etc. angeht:

Apple Flagship Store Fifth Avenue in New York City

Der Apple Flagship Store auf der Fifth Avenue in New York City ist unterirdisch gelegen. Um den Store zu vergrößern sowie ihm eine modernes, der Marke angemesseneres Anmutung zu verleihen, wurde 2019 das Gebäude komplett überholt. Dabei setzte Apple vor allem auf die Wirkung innovativer Lichtführung: Der dem Store übergestülpte, zuvor geschlossen gestaltete Kubus wurde durch einen ikonischen Glaswürfel ersetzt. Von diesem aus führt eine ebenfalls transparente Treppe sowie ein gläserner Fahrstuhl die Besucher in den unterirdischen Verkaufsraum. Durch das transparente Design wird der Lichteinfall maximiert, gleichzeitig sind Außenwelt und Innenraum des Stores optisch verbunden, so dass die Kunden „magisch“ ins Innere gezogen werden:

Nachhaltigkeit & Flächenverbrauch

Depthscraper - ein futuristisches Konzept aus dem Jahr 1931
Depthscraper – ein futuristisches Konzept aus dem Magazin „Everyday Science And Mechanics“ 11/1931

Laut der Architektin Gudrun Schach von Zumtobel Lichtplanung macht Beleuchtung rund 19 % des weltweiten Stromverbrauchs aus – entsprechend viel Einsparpotential ergibt sich durch energiesparende und optimierte Beleuchtung.

Gleichzeitig setzt der weltweit zunehmende Mangel an Flächen der Öffnung von Bauten zum Sonnenlicht immer engere Grenzen. Ein Ausweg daraus führt nicht nur nach oben, bereits 1931 gab es die Idee, einen „Wolkenkratzer“ nach unten in die Erde zu richten — inkl. einem Konzept, mittels eines riesigen nachführbaren Spiegels das Sonnenlicht in die Tiefe zu lenken.

Heute orientieren sich immer häufiger Bauprojekte in die Tiefe: In Helsinki gibt es bereits mehr als 400 Gebäude unter der Erde, inkl. einem 11 m tief gelegenen Schwimmbad. In vielen Städten wurden Einkaufszentren in den Untergrund verlegt, auch um sie den Wetter-Unbillen zu entziehen — beispielsweise in Montreal oder Osaka. In Peking leben Menschen sogar — allerdings eher notgedrungen — in einer „Unterirdischen Stadt“ 地下城,. Unter der Erde leben und arbeiten könnte ein Trend für die Zukunft werden.

Ein in die Tiefe gebauter „Erdkratzer“ ähnlich des 1931er Konzeptes wurde Bei solchen Vorhaben kommen der Lichtführung und den Beleuchtungslösungen um so mehr Bedeutung zu.

Earthscraper für Mexico City

Ganz ähnliche der „Depthscraper“-Idee von 1931 konzipierte das mexikanische Architektenbüro „Bunker Arquitectura“ seines 300 m tief in die Erde gebauten „Earthscraper“ für Mexiko City. Vorteile: Enormer Flächengewinn, ohne die Limitierungen von maximal 5 zugelassenen Geschosshöhen in Mexico City zu brechen, Erhalt des Freiraumes in der Stadt — und dank der Form eines die Spitze gestellten Eifelturms gute Ausnutzung der natürlichen Sonnenlichts.

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Konturierung, Charakter und Einzigartigkeit des Gebäudes

Während alle oben genannten Beispiele besonderer Lichtführung gleichzeitig auch Beispiele besonderer Architektur sind, folgen hier noch einige herausragende Objekte im Hinblick darauf, dass sie insbesondere dahingehend gestaltet wurden, eine eigene Marke darzustellen bzw. zu unterstreichen.

Adidas Laces in Herzogenaurach

Adidas hat in Herzogenaurach einen kompletten Campus erstellt und dabei zeichnet sich jedes der Gebäude durch einen ganz eigenen, jedoch immer eng mit der Marke verbundenen Charakter aus. Das „Laces“ ist ein Beispiel dafür: Wie mit Schnürsenkeln zusammengeschnürt wirkt der Baukörper in der Draufsicht. Die großen transparenten Bereiche stellen dabei Verbindungen zwischen den Gebäudeteilen dar, die nicht nur für viel Licht sorgen, sondern den gesamten Bau auch „sportlich leicht“ wirken lassen:

Adidas Laces-Gebäude: Aufsicht
Adidas Laces-Gebäude: Aufsicht. Bild: HaSe via Wikimedia. Lizenz: CC BY SA 4.0

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Experimenta-Neubau in Heilbronn

Der Neubau der Naturwissenschaftlichen Ausstellung Experimenta in Heilbronn ist ein spiralförmig um sich selbst gewundener Baukörper. Komplett verglaste Windungen wechseln sich mit geschlossenen Teilen ab. So entstehen passend zu den unterschiedlichen Themen der Ausstellungen auch im Inneren unterschiedliche Zonen — solche, die mit Tageslicht geflutet sind und Bereiche, die im inneren hauptsächlich mit künstlicher Beleuchtung gestaltet werden. Dabei ist auch die Lichtsteuerung im futuristisch wirkenden Bau auf aktuellem Niveau: Energiesparende und flexibel steuerbare LED-Technik wurde mit entsprechenden Steuerungssystemen kombiniert. So lassen sich ganz unterschiedliche Lichtszenarien erstellen, die ebenfalls dazu beitragen, die Kontinuität des Spiralbaus optisch zu brechen und optisch voneinander abgegrenzte Zonen zu schaffen — wo immer Bedarf dafür ist. Und zusätzlich zeichnet sich die moderne LED-Beleuchtung auch durch ihre Langlebigkeit aus und kommt mit einem Bruchteil der Energie aus, die herkömmliche Beleuchtungssysteme benötigen!

Bauhaus-Neubau Halensee Berlin

Bei Baumärkten gibt es feste Abfolgen der Abteilungen. Der „Stadtgarten“ beispielsweise ist meist ganz hinten gelegen. Beim Neubau in Berlin Halensee entschied sich „Bauhaus“ anders, nämlich zu einem ikonischen Bau, bei dem der Stadtgarten das Entrée in den Heimwerkermarkt bildet: Dafür wurde die Front des runum mit einer plastisch geformten Aluminiumfassade verkleideten Gebäudes komplett verglast. Während die Aluminiumkaschierung durch Spiegelung des Sonnenlichts eine tiefe Strukturierung vorgaukelt, die dem ansonsten kompakt wirkenden Baukörper eine Leichtigkeit verleiht, wirkt die verglaste Front wie ein überdimensioniertes Schaufenster. Dass dieses Besucher direkt in das Innere zieht, liegt auch an einem weiteren Kniff der Architekten Müller Reimann Berlin: Nur wenige Metern hinter der Front wird der Baukörper erneut durch ein verglastes Band für das Licht geöffnet. So entsteht eine von vorn und hinten gleichermaßen lichtdurchflutete, leicht und einladend wirkende Zone.

Bruder Klaus Kapelle

Zum Schluss, sozusagen „just for fun“, noch ein kleines Beispiel für „verrückte“ Ideen rund um Lichtführung: Die kleine Bruder Klaus Kapelle im Eifelort Wachendorf ist ein Beispiel dafür, was aus Leidenschaft und privatem Engagement entstehen kann: Durch eine besonders pfiffige Idee waren hier Anwohner vor Ort in der Lage, nicht nur mit einfachen Mitteln und eigener Hand eine Kapelle zu bauen — sie erschufen ein wohl einzigartiges kleines Bauwerk: Von Hand mit Stampfbeton rund um 120 zeltartig aufgestellte Baumstämme wurde ein Minigebäude erstellt, das als Feldkapelle dient. Nach dem Aushärten des Betons wurden die Holzstämme wochenlang abgekokelt und konnten danach dank der Schrumpfung einfach entfernt werden. Übrig blieb ein ganz besonderer Innenraum: schwarze Wände, die die Abdrücke der Bäume tragen. Durch die Löcher, die vom Gerüst übrig blieben, wird das Licht der Außenwelt nach innen geleitet. Vorgesetzte Glasperlen leuchten dann wie Sterne im schwarzen Firmament während die zentrale Öffnung in der Höhe das Sonnenlicht direkt bis zum Boden scheinen lässt. (Die ganze verrückte Geschichte zur Entstehung gibt es hier.)

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